„Ich kann nicht meditieren!“ Vielen von uns schwebt immer noch das Bild des knochigen Gurus vor Augen, der stundenlang im Schneidersitz auf dem harten Boden ausharrt und dessen Seele währenddessen in den Sphären des Universums herumsaust. Dabei ist diese klassische Meditation nur eine Spielart im großen Feld der Möglichkeiten. Ich stelle dir in diesem Artikel einige Methoden kurz vor, die ganz leicht nachzumachen sind. So lernst auch du meditieren.
Was ist Meditation?
Meditation nimmt in unserer Gesellschaft eine immer größere Bedeutung ein. Zurecht, wie ich finde, denn sie ist eine der leichtesten Möglichkeiten, sich zu fokussieren, zur Ruhe zukommen und überhaupt sich auf sich selbst zu besinnen. Trotzdem haftet immer noch das Siegel von Esoterik und Erhabenheit an, das mit gewisser Ehrfurcht und noch mehr mit Vorurteilen betrachtet wird.
Meditation verbindet uns mit dem Augenblick im Hier und Jetzt. Oft sind wir mit unseren Gedanken in der Vergangenheit und ärgern uns über Dinge, die wir nicht mehr verändern können, oder betrauern verpasste Gelegenheiten. Unsere noch ungeschriebene Zukunft durchleben wir schon jetzt und ängstigen uns vor Ereignissen, von denen wir noch nicht einmal wissen, ob sie überhaupt eintreffen werden.
Vorteile und Nachteile von Meditation
Meditation bedeutet, wieder ins seelische Gleichgewicht zu kommen. Was früher das Gebet war, bietet uns heute die Meditation: Indem wir in die Präsenz des Augenblicks eintauchen, lassen wir alle belastenden Gedanken und Gefühle los und verbinden uns mit einer höheren Instanz, der wir die Schwere des Alltags übergeben. Unser Gehirn arbeitet dabei auf einer erhöhten Frequenz.
Aber auch wenn wir nicht den Kontakt zum Universum suchen, hilft Meditation dabei, Ruhe und Gelassenheit in unser Leben zu bringen. In Tagen voller Stress und Hektik schaffen wir uns unsere kleinen Fluchten und Ruheinseln. Der Rückzug in uns selbst löst uns von den Blockaden im Außen und bringt frische Energie. Unsere Gedanken dürfen ausruhen und sich auf eine Sache (oder auf gar keine) konzentrieren. Dabei ist Meditation nicht passiv, sondern eine höchst bewusste Aktivität. Weil unser Denken auf einer höheren Gehirnfrequenz abläuft, bekommen wir Zugang zu vorher blockierten Gehirnregionen oder gar zum morphischen Feld, die uns ungeahnte Lösungen präsentieren können.
Als Nachteil kann ich nur betonen, sich nicht darauf zu verlassen, dass Meditation alleine alle Probleme löst. Alles laufen zu lassen und sich stattdessen nur in seine Gedanken zu versenken ist nicht das Allheilmittel. Meditation hilft dir, lockerer mit Problemen und Gefühlen umzugehen, ersetzt aber kein aktives Handeln.
Deine möglichen Ängste und Befürchtungen
„Ich kann nicht meditieren!“ Diesen Glaubenssatz haben viele Menschen. Oft haben sie den Guru im unbequemen Scheidersitz oder den buddhistischen Mönch vor Augen und das leiernde „Ommanipadmehum“ im Ohr. Diese klassische Methode setzt wirklich eine bestimmte Position, spezifische Handgesten oder Mudras und Mantrawörter voraus.
Zu Beginn unserer Meditationsreise wollen wir aber nicht den Kontakt zum Göttlichen herstellen, sondern uns von unseren einschränkenden Gedanken und Gefühlen abkoppeln, um Gelassenheit in unseren Alltag zu bringen. Dabei darf es gerne bequem sein. Selbst für Menschen mit Hummeln im Hintern, die nicht gerne lange auf einem Fleck sitzen bleiben, gibt es Meditation in Bewegung.
Die größte Befürchtung ist vielleicht, dass Meditation so zeitaufwendig ist und nicht in den normalen Alltag passt. Schon meine erste Übung wird dir zeigen, dass es manchmal nur eine Minute braucht – die schnellste Übung, die ich kenne, dauert 20 Sekunden…
Vorbereitung aufs Meditieren
Gerade am Anfang ist es wichtig, sich auf das Meditieren vorzubereiten. Wie bei allen neuen Routinen ist es hilfreich, regelmäßig zu praktizieren, um den Prozess in Fleisch und Blut übergehen zu lassen.
Hier sind die wichtigsten Punkte:
- Stell deine Meditationszeit als festen Termin in deinen Kalender ein. Es gibt sicher Tage, wo du den Termin verschieben musst, aber idealerweise meditierst du täglich zur selben Zeit.
- Falls du geführte Meditationen durchführen möchtest oder Musikuntermalung brauchst, vergiss nicht, den Akku deines Handys oder Laptops zu laden, App oder Datei griffbereit auf deinem Display zu installieren und Headset o.ä. bereitzulegen. Für Meditationen außer Haus lade dir die entprechende Datei herunter, so dass du unabhängig von Internet oder Wifi bist.
- Stelle die Benachrichtigungen auf lautlos um oder ganz aus, damit du nicht aus deinem meditativen Zustand gerissen wirst.
- Suche dir einen ruhigen und bequemen Ort, wo du für die Dauer der Meditation ungestört bist.
- Es mag eine Weile dauern, bis du die richtige Meditation für dich findest. Wenn dir eine Methode überhaupt nicht zusagt, dann brich nicht die gesamte Meditation ab, sondern nutze die Zeit, mit einer einfachen Methode weiterzumachen.
- Trotzdem kann es passieren, dass du eine Meditation auslässt. Verurteile dich nicht dafür; es geht um den Prozess, nicht um Perfektion.
Überblick über Meditationsmethoden
Der erste Schritt: Atmen
Unser Atem ist die einfachste Art der Meditation und immer verfügbar. Es gibt die verschiedensten Atemübungen, die dir vor allen Dingen dabei helfen, zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. Die einfachste Übung ist dabei die 1-Minuten-Atmung.
Die 1-Minuten-Atmung
Mach es dir bequem: Setz dich in deinen Lieblingsstuhl, stell dich auf den Balkon, lege dich aufs Sofa. Die Übung funktioniert aber auch an deinem Schreibtisch.
Atme nun eine Minute lang in der folgenden Technik (Setze dir gerne einen Timer):
- Atme 5 Sekunden lang durch die Nase ein
- Halte deinen Atem für 5 Sekunden an
- Atme 5 Sekunden lang durch den Mund aus.
Wiederhole eine Minute lang dieses Atemmuster. Nutze die 1-Minuten-Atmung, um deine Gedanken und deine Gefühle zu beruhigen und dich schnell besser zu fühlen. Wenn du magst, kannst du auch deine Lieblingsmusik dazu hören.
Herzlichen Glückwunsch, das war sie, deine allererste Meditationsübung.
Achtsamkeit
So ausgelutscht das Thema Achtsamkeit auch zu sein scheint, so effektiv und einfach können die Übungen in den Alltag integriert werden. Ich stelle hier kurz ein paar Beispiele vor.
Bodyscan: Du checkst deinen Körper von oben nach unten ab und spürst hinein, wie es dir gerade geht und ob es irgendwo zwickt und zwackt.
Rosinenmeditation: Bei jeder Mahlzeit nimmst du den ersten Bissen bewusst wahr. Wie riecht der Bissen, welche Konsistenz hat er im Mund, welche Geschmacksknospen werden angesprochen? Kaue bewusst und genieße (Ursprünglich kenne ich diese Übung mit einer trockenen Rosine, wobei der Genussfaktor klar auf der Strecke blieb).
Kerzenmeditation: Zünde eine Kerze an und betrachte konzentriert und in aller Ruhe, wie die Flamme flackert und ihre Farbe verändert. Blende alles andere um dich herum aus.
Rituale: Regelmäßige Meditation ist ein Ritual, aber auch Rituale können meditativen Charakter haben. Wenn du z.B. im Morgengrauen deinen ersten Kaffee trinkst, den Becher mit beiden Händen umfasst und dabei seine Wärme spürst, jeden Schluck bewusst genießt und dabei den Sonnenaufgang betrachtest, ist kein Platz für Hetze und bedrohliche Gedanken. Wie anders wird dein Tag durch einen gelassenen Start verlaufen.
Meditationen mit Bewegung
„Meditation to Go“ schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Neben den oben genannten Vorteilen unterstützt die gleichzeitige Bewegung den Stressabbau und Energieaufbau. Außerdem spart sie enorm Zeit, wenn wir gleichzeitig Body und Mind trainieren. Hier sind einige Übungen im Überblick:
Geh-Meditation: Die meisten Meditationen können auch im Gehen durchgeführt werden. So wie Stress und Unruhe durch langsames Gehen verringert, Energie durch schnelles Gehen aufgebaut und Konzentration durch achtsames Auftreten gesteigert wird, profitieren auch andere Übungen von der Bewegung an der frischen Luft. Mit Headset kannst du geführten Meditationen lauschen oder dich von deiner Lieblingsmusik begleiten lassen.
Yoga ist die klassische Art, Meditation mit Bewegung zu kombinieren. Die modernen Yogaarten wie Hatha-Yoga zielen zwar mehr auf die sportliche Kräftigung ab, haben aber nicht den starken spirituellen Charakter, der manche Menschen abschrecken mag.
Qigong und Taichi sind Meditations- und Bewegungsformen aus China und eignen sich gut, um Kraft und Ruhe zu tanken. Das Qi ist dabei die Lebensenergie, die alles durchdringt und Einfluss nimmt auf alles, was existiert und geschieht. Zur Praxis des Qigong gehören Atemübungen, Körper- und Bewegungsübungen, Konzentrations- und Meditationsübungen.
Meditationen mit Worten
Viele Meditationen arbeiten mit einzelnen Worten oder Mantren, die man vor sich hinspricht. Dabei werden alle anderen Gedanken ausgeblendet.
Wortmeditation: Die bekannteste Meditationssilbe ist wahrscheinlich „Om“, die bei Hindus und Buddhisten als heilig gilt und mit deren Hilfe sich der Meditierende mit dem Göttlichen verbindet. Genauso gut funktioniert Meditation aber auch mit Worten wie „Ruhe“ oder „Gelassenheit“. Das Wort ist für dich ein Anker, zu dem du jederzeit zurückkehren kannst, wenn dich deine Gedanken oder Gefühle auf Abwege führen.
Mantra: Mantras sind starke Sätze oder Affirmationen, die sich durch die Meditation tief ins Unterbewusstsein einpflanzen lassen. Dabei sprichst du die Sätze nicht laut, sondern mit deiner inneren Stimme aus.
Schreibmeditation: Ich sehe das Schreiben als Mittel, die Gedanken auf Papier zu bannen und sie damit lozulassen. Egal ob du Morgenseiten schreibst, Braindump betreibst oder dir mit Journaling Klarheit über deine Gedanken verschaffst, das Ergebnis ist die gleiche Ruhe und Gelassenheit, die du durch Meditation erhältst.
Visualisierung: Visualisierungen sind meistens geführte Meditationen, mit denen Bilder in deinem Unterbewusstsein erzeugt und die gewünschten Gefühle hervorgerufen werden.
Fazit
Du siehst, es gibt vielfältige Möglichkeiten, noch heute mit dem Meditieren anzufangen. Trotzdem werden gerade am Anfang immer wieder Widerstände und Hindernisse auftauchen.
Behalte diese drei Dinge im Hinterkopf…
- Es ist in Ordnung, wenn du dich am Anfang hibbelig und ruhelos fühlst, besonders wenn du im Sitzen meditierst. Niemand erwartet von dir, dich mit geradem Rücken in den Schneidersitz zu quälen. Mach es dir bequem und meditiere so, wie es für dich am besten klappt.
- So sehr du dich auf die Meditation konzentrierst – deine Gedanken werden einen Weg finden, sich dazwischenzudrängen. Wir sind alle Menschen und unser Verstand funktioniert eben so.
- Meditation benötigt Übung. Am Anfang mag dir das Meditieren schwerfallen, aber mit zunehmender Praxis wirst du immer besser zurechtkommen.
Und nun: Viel Spaß auf deiner Meditionsreise, damit du wie meine liebe Kollegin Antje sagen kannst: „Du hat mir den Impuls gegeben, jeden Morgen zu meditieren.“
Dieser Artikel soll nur einen kurzen Abriss über die Vielfalt und Möglichkeiten der Meditationswelt anbieten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Ich werde die eine oder andere Meditationsart noch konkreter vorstellen. Vielleicht hast du einen besonderen Wunsch? Oder du möchtest von deiner erste Meditations-Erfahrung berichten? Dann schreibe mir gerne im Kommentar.
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