Es ist entschieden: Unsere Abteilung zieht um. Nicht allzu weit weg, aber eben raus aus dem Stammwerk. Und schon schlägt die Stimmung um. Während sich die einen schnell in die Situation fügen, sind die anderen höchst aufgeregt und reißen gedanklich bereits unser derzeitiges Gebäude ab. Am liebsten würden sie sich an den alten Kasten anketten, dem sie normalerweise im Homeoffice so oft wie möglich fernbleiben. Aber wie kommt es, dass bei Veränderungen die Emotionen derart hochkochen?
Zwei Arten der Veränderung
Anstehende Veränderungen lassen tief in die Psychologie eines Menschen blicken. Wie reagiert er auf Veränderung? Mit welcher Einstellung geht er an die Sache heran? Hat er Angst davor oder geht er optimistisch mit ihr um? Abhängig ist die Reaktion aber auch durch die Umstände, unter denen wir uns mit Veränderung auseinandersetzen müssen.
Veränderungen lassen sich dabei in zwei Arten unterteilen:
1. Freiwillige Veränderung
Die freiwillige Veränderung ist meist selbst veranlasst. Wir handeln aus eigenem Antrieb heraus und mit entsprechend großer Motivation. Wir wollen die Veränderung, und dafür geben wir unser Bestes.
Freiwillige Veränderungen stehen dann an, wenn uns der Job keinen Spaß mehr macht, wir uns neu orientieren oder andere Entscheidungen bewusst herbeiführen. Beweggrund ist unser eigener Impuls. Das heißt natürlich nicht, dass wir keine Angst vor Veränderung haben. Weil wir diese aber freiwillig eingegangen sind und die Entscheidung selbst bewusst getroffen haben, nehmen wir Veränderungen besser an und können die Angst leichter überwinden.
2. Unfreiwillige Veränderung
Eine unfreiwillige Veränderung zu akzeptieren fällt deutlich schwerer. Wenn der befristete Arbeitsvertrag nicht verlängert, die Abteilung neu organisiert oder uns ein neuer Chef vor die Nase gesetzt wird, hat das nicht das geringste mit eigenem Willen zu tun. Solche ungewollten Situationen erzeugen Angst vor ebendieser Veränderung und zu Ablehnung. Die aufgezwungene Neuerung fühlt sich eher wie eine Belastung denn als Chance an.
Eine solche Veränderung durchläuft dabei sieben Phasen:
Gründe für negative Emotionen bei Veränderung
Veränderungen sind notwendig, ganz klar. Wir müssen uns weiterentwickeln und mit der Zeit gehen. Doch warum fällt es uns so schwer, mit Veränderung umzugehen?
1. Gestörte Routine und Bequemlichkeit
Wir alle lieben Sicherheit und Routinen. Routinen vereinfachen unser Leben.
Unser Tagesablauf wird von unzähligen wiederkehrenden Abläufen bestimmt: Der Wecker klingelt immer zur gleichen Zeit, wir trinken Kaffee oder Tee zum Frühstück. Wir nehmen den immer gleichen Weg zur Arbeit, stempeln zur immer gleichen Zeit ein und läuten den Feierabend ebenfalls Pi mal Daumen zur gleichen Zeit wie immer ein. All das gibt uns Struktur.
Durch Gewohnheiten und Routinen entstehen festgelegte Verhaltensmuster; das geschieht fast unbemerkt. Wir wissen genau, was und wann wir etwas tun müssen, und hinterfragen nicht mehr, ob unsere Routinen überhaupt noch sinnvoll und angemessen sind. Wenn sie auf den Prüfstand gestellt werden und unsere Komfortzone wegzubrechen droht, rebellieren wir dagegen.
2. Unsicherheit und Hilflosigkeit
Eine weitere Emotion, die hochkocht, ist Unsicherheit.
Gewohnheiten und Routinen sind nicht nur bequem, sie geben Struktur und Sicherheit. Sie verhindern allerdings auch, dass wir den Mut und die Bereitschaft aufbringen, Neues auszuprobieren. Vor allem dann, wenn jemand anderes uns dieses Neue aufdrückt.
Es zieht uns unbewusst immer dorthin zurück, wo wir sicher sind. Deswegen mögen wir keinen Wandel, der immer auch unwägbare Komponenten enthält. Weil Sicherheit ein tief verankertes Grundbedürfnis ist, löst Unsicherheit bei den meisten Menschen Unbehagen oder Angst aus. Die Gedanken rasen, die Vorstellungsmaschinerie läuft auf vollen Touren und die Szenarien rauben uns den Schlaf. Willkommen im Gedankenkarussell.
3. Fehlendes Selbstbewusstsein
Hinter der Angst vor Veränderung kann ein zu geringes Selbstbewusstsein stehen. Wir haben Angst, uns nicht an die neue Situation anpassen zu können. Dabei ist es nicht die Veränderung selbst, die wir fürchten, sondern die Unsicherheit, mit einer Veränderung umgehen zu können. Wer nicht gut genug ist, kann nicht gegen Windmühlen kämpfen und kommt erst recht nicht gegen „die da oben“ an.
4. Schlechte Erfahrungen
Schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit sind auch ein möglicher Grund, eine Veränderung abzulehnen. Wer will schon ein Debakel, das durch eine Veränderung verursacht wurde, noch einmal erleben. Eine einmalige negative Erfahrung reicht oft schon aus, um nachhaltig Angst vor Veränderung zu schüren und der Überzeugung zu sein, dass auch diese einfach nur schief laufen kann. Mit einer solchen Einstellung können wir eigentlich nur selbsterfüllende Prophezeiungen erzeugen. Und wenn es wider Erwarten doch klappt, war einfach nur Glück im Spiel…
5. Kontrollverlust
Angst vor Veränderung kann auch durch einen befürchteten Kontrollverlust entstehen. Vorab lässt sich nie genau sagen, was sich alles verändern wird – und auch nicht, ob dies nach Plan gelingt. Bislang sind wir Experten und wissen, wie der Hase läuft; durch die Veränderung werden wir auf den Status von Frischlingen zurückgeworfen. Das Gefühl, die Dinge nicht kontrollieren zu können, führt dazu, Veränderung abzulehnen.
6. Aber auch positive Emotionen trüben das Bild
Man kann einer Veränderung auch viel zu euphorisch gegenüberstehen. An sich ist es gut, einer Veränderung mit Wohlwollen zu begegnen und die Chancen zu erkennen, die sich dadurch bietet. Wenn wir aber aus reiner Begeisterung völlig unkritisch sind, besteht die Gefahr, dass wir nicht alle Faktoren erfassen und uns unter Umständen in einer Situation wiederfinden, die wir so nicht erwartet haben. Eine Enttäuschung ist dann vorprogrammiert.
Gelassenheit ist der Schlüssel
Ich stehe dafür, das Leben gelassen zu sehen, Veränderungen nicht per se als böse anzusehen, sondern als Chance, etwas Neues an mich herankommen zu lassen und zu schauen, was sich hinter dieser verflixten Tür, die aufgeworfen wird, überhaupt steckt. Wenn Türen hinter dir zugeworfen werden, hilft es nicht, an der Klinke zu rütteln oder dich anzuketten, um nicht durch die nächste Tür gehen zu müssen.
Emotionen, egal ob positiv oder negativ, verhindern oft, sich ein klares Bild über eine anstehende Veränderung zu machen. Nicht alles ist böse, genausowenig wie alles superduper ist. Erst wenn du alle Hintergründe und Aspekte einer Veränderung kennst, kannst du dich entscheiden, dich mit guten Argumenten dafür oder dagegen zu engagieren. Wo eine Veränderung aber unabänderlich ist, tun wir gut daran, sie als real zu akzeptieren, uns mit der Situation zu arrangieren und mit dem Blick nach vorn neue Wege für uns zu finden und zu gehen.
Der Prozess der Veränderung dauert um so länger, je mehr wir damit hadern und uns unseren Emotionen überlassen. Manches können wir ändern, manches aber auch nicht. Und erst, wenn wir akzeptieren: „Ja, die Veränderung ist da.“ und wir unseren Emotionen nicht mehr den Vorrang geben können wir anfangen rational zu denken.
Ertappst du dich auch bei der einen oder anderen negativen Emotion, wenn es um Veränderung geht? Wenn es dir schwer fällt, gelassen zu reagieren, hol dir meine „7 Tipps für mehr Gelassenheit“.